Stahlprofilzuschnitt

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Das Fraunhofer-Institut SCAI hat in Kooperation mit einem Hersteller warmgewalzter Spezialprofile aus Stahl mathematische Algorithmen zum optimierten Stahlprofilzuschnitt entwickelt. Damit kann zum einen im Tagesgeschäft zur vorhandenen Lagerlänge und gemäß der Bestellung des Kunden der optimale Sägeplan bestimmt werden, und zwar innerhalb von weniger als einer Minute. Oder es können auf Basis der langfristig erwarteten Kundenbestellungen bei der Produktionsplanung bereits die bestmöglichen Längen für die Produktion und Lagerung ermittelt werden. Die Materialeffizienz bei der Produktion der Lagerlängen konnte durch unsere Algorithmen um mehrere Prozentpunkte gesteigert werden, und der Sägeplan erreicht sogar das überhaupt mögliche Optimum.

Nach der erfolgreichen Umsetzung dieses Projektes hat SCAI die Software AutoBarSizer für den optimierten Zuschnitt von Stahlprofilen und anderem Stangenmaterial entwickelt, die vielseitiger und flexibler in der Anwendung ist.

Stahlprofilzuschnitt auf einen Blick

Bei der Produktion warmgewalzter Stahlprofile werden zunächst Stahlblöcke
unter hohem Energieaufwand auf 1250 °C erhitzt. Daraus werden lange Profile
geformt und diese in einem zweistufigen Prozess in kundenspezifische, kurze Profilabschnitte unterteilt.

Die Kunden – z.B. Hersteller von Nutzfahrzeugen, Landmaschinen oder Gabelstaplern und Bauunternehmen – bestellen ihr individuelles Stahlprofil in unterschiedlichen Längen üblicherweise über mehrere Monate oder Jahre hinweg. Dabei können die Profile bis zur Größenordnung der kurzfristig erwarteten Abnahmemenge auf Vorrat produziert und gelagert werden.

Beim Sägen der Stahlprofile fällt Schrott an, der einerseits technisch bedingt sein
kann (Randstücke) oder dadurch entsteht, dass das Zersägen nicht für jede Längenkombination restlos »aufgehen« kann.

Ziel ist es, die günstigsten Sägepläne, Ausgangs- und Zwischenlängen zu ermitteln, um den Schrott möglichst gering zu halten. Dabei können zwei Teilprobleme unterschieden werden: Einerseits muss ein Sägeplan gefunden werden, der sowohl wenig Material verbraucht als auch nur wenige Abstapelplätze an der Säge gleichzeitig belegt. Für die Produktionsplanung ist es andererseits wesentlich, möglichst optimale Ausgangs- und Zwischenlängen zu finden, um aus dem Lager heraus flexibel die Kundenwünsche mit wenig Materialverlust erfüllen zu können.

Da ein Mensch die Millionen von Möglichkeiten für die Wahl der Ausgangs- und Zwischenlängen nur schwer überschauen kann, ist der Einsatz intelligenter Optimierungsverfahren nötig. Das Problem der Längenoptimierung ist je nach Variante und Formulierung aus mathematischer Sicht ein ganzzahliges lineares oder quadratisches Optimierungsproblem. Jedoch scheitert Standardsoftware für solche Probleme an der Komplexität.

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Sägen eines Stahlprofils in zwei Schritten: Aufteilen der Ausgangslänge in Zwischenlängen zur Lagerung und Aufteilen der Zwischenlängen in kundenspezifische Längen. Der schwarz schraffiert dargestellte Schrott ist unvermeidbar (vergratete Randstücke, Sägeblattbreiten), der rot schraffierte ist zu minimieren. Schematische Darstellung - nicht maßstabsgetreu.

Im ersten Schritt wurden für einfache Sägepläne die Ausgangs- und Zwischenlängen optimiert. Mit der Software können mehrere Varianten bezüglich der Anzahl verschiedener Ausgangs- und Zwischenlängen berechnet werden. Auf dieser Basis kann der Planer einen Kompromiss zwischen Schrottvermeidung und organisatorischem Aufwand (z.B. für Umrüstvorgänge) sowie daraus resultierenden Mehrkosten finden.

Mithilfe der Funktion »Performanzvergleich« kann für fest vorgegebene Längen der anfallende Schrott berechnet werden.
Auf diese Weise kann die Materialeinsparung gegenüber den bisher verwendeten Längen und somit der ökonomische und ökologische Nutzen bewertet werden.

Nach dem erfolgreichen Einsatz der Software wurde 2012 / 13 zusammen mit der Erweiterung der Produktionsanlagen eine überarbeitete Software in Betrieb genommen, um die umfangreicheren technischen Möglichkeiten ausnutzen zu können.

Die erweiterten Produktionsanlagen lassen erheblich komplexere Sägepläne zu. Die neue Version der Software kann dadurch eine weitere deutliche Steigerung der Effizienz gegenüber der alten Version der Software erzielen. Die entwickelten Algorithmen garantieren für Bestellungen in der in der Praxis üblichen Größenordnung sogar, dass die bestmögliche Lösung gefunden wird. Dabei werden die ­Berechnungen für einen einzelnen Sägeplan in weniger als 1 Minute durchgeführt, so dass die Software auch für das Tagesgeschäft sehr gut geeignet ist.

Im Projekt Stahlprofilzuschnitt entstand eine Individualsoftware für unseren industriellen Auftraggeber. Für ähnliche Fragestellungen bieten wir auch die Standardsoftware AutoBarSizer an.

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Mit einer computergestützten Optimierung von Längenkombinationen beim Zuschnitt von Profilen oder Stangenware lassen sich durch die bestmögliche Vermeidung von Schrott erhebliche Mengen an kostenintensivem Material einsparen. Dadurch werden die Produktionskosten gesenkt, ohne die Produkt- und Servicequalität zu beeinträchtigen.

Die Materialeinsparung kann je nach An­wendungsfall gegenüber konventionellen Vorgehensweisen bis zu zehn Prozent betragen. Insbesondere bei stark schwankenden Produktionsmengen leistet die Software einen wichtigen Beitrag, da man sich kaum auf vorhandene Erfahrungswerte stützen kann.

Darüber hinaus ergibt sich eine erhebliche Verringerung des Energiebedarfs, die nicht nur innerhalb des Produktionsprozesses (Erhitzen, Walzen, innerbetrieblicher Transport, Abtransport und Einschmelzen des Schrotts), sondern bereits davor (Eisengewinnung, Stahlerzeugung, Anlieferung) zum Tragen kommt.

Auf lange Sicht spielt insbesondere der Aspekt steigender Rohstoff- und Energiepreise eine wichtige Rolle. Über die betriebswirtschaftlichen Aspekte hinaus ist die Einsparung von Ressourcen jedoch auch aus Sicht des Umweltschutzes von großer Bedeutung.

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